Corona-bedingter Umsatzeinbruch – Talsohle durchschritten

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Wie die gesamte Automobilindustrie war auch Autoneum im ersten Halbjahr massiv von den Auswirkungen der Corona-Pandemie betroffen. Die vorübergehenden Werksschliessungen bei nahezu allen Kunden in sämtlichen Regionen insbesondere im zweiten Quartal dieses Jahres haben nicht nur zu einem beispiellosen Markteinbruch geführt, sondern auch zu einem entsprechenden Produktionsstopp in allen 55 Werken von Autoneum. Beginnend im Februar in China und einen Monat später in allen übrigen Regionen haben Fahrzeughersteller ihre Produktion vorübergehend vollständig heruntergefahren. Der entsprechende, massive Rückgang der globalen Fahrzeugproduktion führte bei Autoneum zu einem Umsatzeinbruch von –32.7% in Lokalwährungen. Er spiegelt die Entwicklung des Marktes im ersten Halbjahr 2020 wider, der um
–33.2% gegenüber der Vorjahresperiode geschrumpft ist. In Schweizer Franken sank der Umsatz von Autoneum um –36.8% auf 730.6 Mio. CHF (Vorjahresperiode: 1 156.1 Mio. CHF). Die Umsatzentwicklung sämtlicher Business Groups von Autoneum hat den Markt jeweils übertroffen, besonders deutlich in Asien und der Region SAMEA (Südamerika, Mittlerer Osten und Afrika).

Autoneum hat in allen Regionen umgehend mit weitreichenden Kostensenkungsmassnahmen auf den pandemiebedingten Markteinbruch reagiert. Dazu zählten eine Reduktion der Personalkosten unter anderem durch die Anpassung von Zeitkonten, die Einführung von Kurzarbeit an in Frage kommenden Standorten und vorübergehende Entlassungen sowie ein Stellenabbau überwiegend bei Leiharbeitern. Darüber hinaus wurden die Betriebsausgaben auf das absolut Notwendige beschränkt. Das im Vergleich zu den Vorjahren für 2020 ohnehin reduzierte Investitionsvolumen konnte zusätzlich weiter verringert werden. Hier profitiert Autoneum noch von den getätigten hohen Investitionen der vergangenen Jahre.

Auch wenn die Corona-Krise und die Eingrenzung ihrer Folgen den Geschäftsgang von Autoneum im ersten Halbjahr 2020 dominiert haben, hat das Unternehmen im gleichen Zeitraum notwendige operative und finanzielle Verbesserungen erreicht: Das umfassende Turnaroundprogramm für die nordamerikanischen Standorte ist weiter vorangeschritten und zeigt die geplanten Erfolge. Die dort bereits erreichten Effizienzsteigerungen schlugen sich positiv in den Zahlen des ersten Halbjahres 2020 nieder, wurden aber durch die massiven Auswirkungen der COVID-19-Krise mehr als absorbiert. Angesichts der Umsatzausfälle sofort eingeleitete und weltweit umgesetzte Spar- und Kostenflexibilisierungsmassnahmen konnten die weiterhin bestehenden, kapazitätsbedingten Fixkosten nicht kompensieren. Dies führte im ersten Halbjahr auf Konzernstufe zu einem negativen EBIT von –31.8 Mio. CHF (Vorjahresperiode: 16.4 Mio. CHF), was einer EBIT-Marge von
–4.4% entspricht (Vorjahresperiode: 1.4%). Das Konzernresultat sank aufgrund des massiven Umsatzeinbruchs auf –54.9 Mio. CHF (Vorjahresperiode: –6.0 Mio. CHF).

Trotz des Halbjahresverlusts hat sich der Free Cashflow durch deutlich reduzierte Investitionen ins Sachanlagevermögen sowie einen im Vorjahresvergleich geringeren Anstieg des Nettoumlaufvermögens um 40.6 Mio. CHF auf –13.9 Mio. CHF (Vorjahresperiode: –54.5 Mio. CHF) verbessert. Die Nettoverschuldung exklusive Leasingverbindlichkeiten stieg verlustgetrieben auf 372.8 Mio. CHF (31. Dezember 2019: 335.0 Mio. CHF). Mit Blick auf den aktuellen Geschäftsgang wurde der bestehende Kreditvertrag mit einem Bankensyndikat in Höhe von 350 Mio. CHF im Juni 2020 angepasst. Die langfristige Finanzierung von Autoneum ist nachhaltig sichergestellt.

Prädikat «besonders nachhaltig»

Als erster Automobilzulieferer für automobiles Akustik- und Wärmemanagement hat Autoneum im Frühsommer ein umfassendes Nachhaltigkeitslabel für seine Produkte lanciert: «Autoneum Pure.». Damit werden neu Lärm- und Hitzeschutztechnologien ausgezeichnet, die mit einer hervorragenden Umweltbilanz über den gesamten Lebenszyklus punkten. Fahrzeughersteller erkennen so auf den ersten Blick, welche Produkte sich am besten für zukünftige, umweltfreundliche Modelle eignen.

Mit dem Label «Autoneum Pure.» sind beispielsweise Komponenten mit einem hohen Anteil an rezyklierbaren Materialien oder solche, die eine deutliche Gewichtseinsparung gegenüber vergleichbaren Produkten bieten, ausgezeichnet. Verschiedene multifunktionale Autoneum-Technologien erfüllen die hohen Anforderungen an Autoneum-Pure-Produkte bereits heute, darunter auch die neueste Innovation Mono-Liner. Diese textile Radhausverkleidung überzeugt unter anderem durch ihre Leichtbauweise, womit sie zu einer höheren Fahrreichweite sowohl bei Verbrennern als auch Elektromodellen beiträgt. Gleichzeitig ist die Produktion von Mono-Liner-Radhausverkleidungen besonders ressourcenschonend: Fertigungsausschüsse der grösstenteils aus rezykliertem PET bestehenden Komponenten werden zu Pellets verarbeitet und in Form von Fasern vollständig in den Herstellungsprozess rückgeführt. Zwei US-amerikanische SUV-Modelle profitieren bereits von den leichtgewichtigen Radhausverkleidungen.

Business Groups

Bedingt durch niedrigere Lieferabrufe nahm der Umsatz der Business Group Europe im ersten Halbjahr 2020 in Lokalwährungen um –38.3% ab und entwickelte sich damit besser als der Markt. In Schweizer Franken sank der Umsatz um –194.4 Mio. CHF auf 273.2 Mio. CHF (Vorjahresperiode: 467.6 Mio. CHF). Sparmassnahmen in allen Bereichen konnten die fehlende Kapazitätsauslastung nicht kompensieren, was zu einem negativen EBIT von –4.8 Mio. CHF (Vorjahresperiode: 24.8 Mio. CHF) und einer EBIT-Marge von –1.7% führte (Vorjahresperiode: 5.3%).

Auch die Business Group North America hat den stärkeren Markteinbruch teilweise kompensiert, der Umsatz in Lokalwährungen reduzierte sich um –35.0%. In Schweizer Franken summierte er sich auf 311.5 Mio. CHF (Vorjahresperiode: 502.5 Mio. CHF). Der Turnaround in dieser Region ist trotz der massiven krisenbedingten Beeinträchtigungen planmässig vorangeschritten und zeigt die gewünschten Erfolge. So wurde die produktionsfreie Zeit unter anderem intensiv genutzt, um geplante Produktionsverlagerungen und Prozessverbesserungen umzusetzen. Das EBIT sank jedoch aufgrund der fehlenden Fixkostendeckung auf –43.1 Mio. CHF (Vorjahresperiode: –33.1 Mio. CHF), wobei das greifende Turnaroundprogramm in dieser Region einen positiven Beitrag geleistet hat.

Angesichts eines Umsatzminus von lediglich –9.4% in Lokalwährungen hat sich die Business Group Asia im ersten Halbjahr 2020 in einem Markt gut behauptet, der fast um das Dreifache geschrumpft ist. In Schweizer Franken sank der Umsatz wechselkursbedingt um –15.5% auf 105.8 Mio. CHF (Vorjahresperiode: 125.1 Mio. CHF). Die Produktion in den Autoneum-Werken in China, dem von der Pandemie zuerst betroffenen Markt, hat Ende des zweiten Quartals wieder das Vorkrisenniveau erreicht. Dank der dort umgehend eingeleiteten Kostenflexibilisierungs-massnahmen nahm das EBIT dieser Business Group nur leicht von 6.0 Mio. CHF im ersten Halbjahr 2019 auf 4.8 Mio. CHF ab. Die EBIT-Marge erreichte mit 4.5% fast das Vorperiodenniveau von 4.8%.

Auch die Region SAMEA (Südamerika, Mittlerer Osten und Afrika) war in den ersten sechs Monaten stark von den Pandemiefolgen betroffen, was sich in einem Einbruch der dortigen Fahrzeugproduktion von annähernd 40% widerspiegelt. Die Business Group konnte sich der negativen Dynamik teilweise entziehen, der inflationsbereinigte Umsatz in Lokalwährungen reduzierte sich mit –25.1% deutlich weniger stark als der Markt. Bedingt durch die anhaltend starke Abwertung verschiedener Währungen in der Region sank der in Schweizer Franken konsolidierte Umsatz um –40.5% auf 37.9 Mio. CHF (Vorjahresperiode: 63.6 Mio. CHF). Das EBIT verringerte sich aufgrund der schwachen Kapazitätsauslastung auf 1.9 Mio. CHF (Vorjahresperiode: 4.2 Mio. CHF), die EBIT-Marge betrug, unterstützt durch einen vorteilhaften Modellmix, 5.0% (Vorjahresperiode: 6.6%).

Ausblick

Für das Jahr 2020 erwartet Autoneum eine Umsatzentwicklung auf Marktniveau. Zwar dürften die Produktionsvolumen der Kunden im zweiten Halbjahr 2020 gegenüber dem ersten Semester wieder steigen, aber laut aktueller Prognosen deutlich unter dem Niveau des zweiten Halbjahres 2019 liegen. Umgehend umgesetzte und fortlaufende Kostensenkungsmassnahmen sowie weitere operative Optimierungen auch im Rahmen des Turnaroundprogramms in Nordamerika werden zu Verbesserungen im zweiten Halbjahr führen. Im Hinblick auf die Mittelfristziele ist von einer Gesundung des Profitabilitätsniveaus auszugehen, wobei dies wesentlich von der Marktentwicklung abhängig sein wird.

Winterthur, 27. Juli 2020

Hans-Peter Schwald

Präsident des Verwaltungsrats

Matthias Holzammer

Chief Executive Officer